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Der digitale Nachlass – allgegenwärtig und dennoch oft vergessen

Erbrecht

Die fortschreitende Digitalisierung prägt die Entwicklung unserer Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die Anzahl digitaler Wirtschaftsgüter wächst kontinuierlich an. Zugleich nimmt der wirtschaftliche Wert des digitalen Vermögens signifikant zu, insbesondere durch die Erschaffung neuer digitaler Vermögensgegenstände. Teilweise stellt das digitale Vermögen bereits den Großteil des Vermögens einer Person dar. Diese Entwicklung wird anhalten. Eine sorgfältige Nachfolgeplanung muss dieser zunehmenden Bedeutung des digitalen Nachlasses gerecht werden.

1. Rechtliche Grundlagen

Einige Zeit war der „Digitale Nachlass“ Gegenstand intensiver rechtswissenschaftlichen Diskussion. Ausgangspunkt war ein Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin. Die Mutter eines verstorbenen Teenagers klagte damals gegen Facebook auf Herausgabe der Daten und Inhalte des Facebookaccounts ihres Kindes. Facebook hatte den Account in den „Gedenkzustand“ versetzt und die Herausgabe jeglicher Daten verweigert. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in dritter Instanz (Az. III ZR 183/17), dass den Eltern als gesetzliche Erben Zugang zu allen Inhalten des digitalen Nachlasses zu gewähren sei.

Der Nutzungsvertrag des verstorbenen Kindes geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) auf die Eltern über. Weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Kindes noch Datenschutzrecht oder Fernmeldegeheimnis stehen dem entgegen. Mit der Entscheidung des BGH steht fest, dass das digitale Vermögen einer Person grundsätzlich umfassend auf dessen Erben übergeht. Deren Erbrecht kann von den Anbietern digitaler Dienste nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Richtlinie zum Nutzungsvertrag ausgehöhlt werden. Die vom BGH getroffene Klarstellung sorgt zwar für Rechtssicherheit, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass jeder Erblasser sich zwingend mit der Regelungen seines digitalen Nachlasses beschäftigen muss. Die Praxis zeigt, dass dies allzu oft vernachlässigt wird.

 

2. Begriff des digitalen Nachlasses

Es gibt bislang keine spezifische Regelungen zum digitalen Nachlass, vielmehr gelten grundsätzlich dieselben Rechtsvorschriften wie für das sonstige – analoge – Vermögen. „Digitaler Nachlass“ ist daher (bislang) kein eigenständiger Rechtsbegriff, sondern ein konturloser Begriff, der sich im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert hat. In der Rechtswissenschaft wird unter „digitalem Nachlass“ überwiegen die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse (Rechte und Ansprüche) des Erblassers betreffend informationstechnische Systeme einschließlich des gesamten elektronischen Datenbestands verstanden. Der Teufel liegt auch hier im Detail. Es gibt diverse Konstellationen, bei denen unklar ist, ob sie dem digitalen Nachlasses zugerechnet werden können oder nicht.

 

3. Bedeutung und wirtschaftlicher Wert

Vielen Erblassern wird die Bedeutung ihres digitalen Nachlasses erst bei näherer Beschäftigung mit den heutigen Dimensionen der digitalen Welt bewusst. Fast jeder Erblasser hat inzwischen einen E-Mailaccount. Über diesen und über Messengerdienste (z.B. Whatsapp, Threema) seines Smartphones versendet er lebzeitig unzählige Nachrichten, die nach seinem Ableben digital weiterleben. Internetbanking, digitale Fotoalben und Musikdatenbanken (auf dem heimischen Rechner oder in einer Cloud gespeichert) sind heute in allen Altersklassen verbreitet. Hinzu kommen Accounts bei einer zunehmenden Anzahl von Anbietern digitaler Streamingdienste (z.B. Neflix, Amazon Prime, Spotify) und millionenfach Accounts bei Einkaufsplattformen und Onlineshops sowie bei Bezahldiensten wie PayPal oder Apple Pay. Zu denken ist weiter an Mitgliedschaften in diversen soziale Netzwerke (z.B. Facebook, LinkedIn, Xing), Registrierungen bei Internetforen sowie auf unzähligen Onlineplattformen für Nachrichten, Partnersuche, Selbsthilfegruppen und einer endlosen Zahl sonstiger Dienstanbieter. Private, zum Teil höchstpersönliche Informationen werden hier durch die Nutzer der digitalen Welt preisgegeben oder geteilt. Alleine dieser Bestand an privaten digitalen Inhalten und (höchst)persönlichen Daten sollte jeden Nutzer digitaler Dienste veranlassen, seinen digitalen Nachlass sorgfältig zu regeln. Dies gilt umsomehr für Unternehmer und Geschäftsführer und von diesen digital gespeicherten Unternehmensinterna, Businessplänen, Erfindungen und Geschäftsgeheimnissen.
Hinzu kommt, dass digitale Nachlässe in zunehmender Weise einen wirtschaftlichen Wert darstellen. Kryptowährungen sind angesichts des – teilweise ikarusartigen – Höhenflugs des Bitcoins und anderer digitaler Währungen in aller Munde. Erhebliches Vermögen kann sich hier verbergen. Zugleich drohen enorme erbschaftsteuerliche Risiken. Erbschaftsteuerlich gilt das Stichtagsprinzip. Der Kurswert der Digitalwährung am Todestag des Erblassers ist für die Erbschaftsteuer daher entscheidend. Bei Kryptowährungen als hoch volatiler Anlageform kann dies binnen weniger Tage dazu führen, dass der zu zahlenden Erbschaftsteuer kein adäquater Gegenwert mehr gegenübersteht. Es stellt sich auch die Frage, was zu tun ist, wenn man als Erbe zwar weiß, dass eine Wallet (digitale Geldbörse) mit Kryptowährungen des Erblassers existiert, man hierauf aber keinen Zugriff hat und den Wert ggf. gar nicht kennt. Besteht hier die Gefahr einer Steuerhinterziehung und wie kann man hier Risiken vermeiden?

Eigene wirtschaftliche Werte stellen heute auch Accounts bei Instagramm, TikTok und YouTube dar, insbesondere bei berufsmäßig tätigen Influencern mit vielen „Followern“. Auch hier stellen sich im Erbfall verschiedene steuerliche Fragen, z.B. zur Bewertung eines solchen Accounts.
Die jüngsten hochpreisigen digitalen Vermögenswerten stellen digitale Echtheitszertifikate, sogenannte NFTs (Non-Fungible Token), dar, mit denen ein bestimmtes digitales Objekt (digitale Kunst, Musik o.ä.) verbunden ist. Für NFTs werden inzwischen häufig sechs- und siebenstellige Beträge gezahlt, insb. für digitale Kunstwerke. Im
Erbfall stellt sich auch hier die Frage, wie diese Digitalkunst zu bewerten ist und ob hierfür beispielsweise die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in derselben Weise gilt wie für „klassische Kunst“.

Die jüngsten Entwicklungen digitaler Vermögenswerte und der Erfindungsreichtum der Menschen lassen es als gesichert erscheinen, dass in Zukunft weitere digitale Vermögenswerte entstehen. Der wirtschaftliche Wert digitaler Nachlässe wird kontinuierlich zunehmen.

4. Vorsorgemaßnahmen

Erblasser müssen sich bewusst machen, dass ihre Erben nach dem Erbfall unter Zeitdruck stehen. Die Erben müssen den Nachlass ermitteln und binnen sechs Wochen entscheiden, ob sie die Erbschaft annehmen oder nicht. Viele Dienstanbieter haben inzwischen automatisierte Verfahren zum Umgang mit Benutzerkonten, wenn sie – ggf. von Dritten – Kenntnis von einem Erbfall erlangen. Accounts werden dann gesperrt, inaktiv gschaltet oder gänzlich gelöscht, es werden also Fakten geschaffen, die irreversibel sind bzw. nur mit hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand auf dem Rechtsweg rückgängig gemacht werden können. Daneben trifft Erben die Pflicht, ein
Nachlassverzeichnis zu erstellen und sie haben z.B. gegenüber Pflichtteilsberechtigten Auskunft über den Bestand und Wert des Nachlasses zu erteilen. Ziel des Erblassers sollte daher sein, seinen Erben eine schlanke Abwicklung auch seines digitalen Nachlasses zu ermöglichen und einen kostenintensiven digitalen Nachlassverwalters zu vermeiden.

Eine sorgfältige Nachfolgeplanung muss auf mehreren Ebenen den digitalen Nachlass berücksichtigen. Dies ist von Erblassern und ihren Beratern konsequent zu verfolgen.

Folgende Vorsorgemaßnahmen sind als Mindestmaß zu empfehlen:

a) Testamentarische Verfügungen

Der digitale Nachlass ist in der letztwilligen Verfügung zu regeln. Der Erblasser muss hierbei – ähnlich wie bei seinem physischen Vermögen – schrittweise vorgehen. Zunächst muss er den Bestand seines digitalen Vermögens sichten und ggf. nach privater und geschäftlicher Zugehörigkeit sortieren und digital trennen. Dies gilt ganz besonders für Unternehmer. Anschließend ist zu entscheiden, was bei seinem Ableben mit den verschiedenen digitalen Vermögensgegenständen geschehen soll. Er muss festlegen, an wen werthaltige digitale Wirtschaftsgüter gehen sollen und welche digitalen Inhalte ggf. zu löschen sind bzw. wer in welchem Umfang Zugriff hierauf erlangen darf.

Was soll mit den auf dem privaten oder geschäftlichen PC, Tablet, Smartphone oder PKW-Bordcomputer gespeicherten Daten und den Geräten selbst geschehen? Wie ist mit den diversen Onlineaccounts zu verfahren?

Je komplexer das digitale Vermögen ist, desto umsichtiger sind die testamentarischen Verfügungen zu formulieren. Im Regelfall empfiehlt es sich, eine Person des Vertrauens zu benennen, die sich um die Abwicklung des digitalen Nachlasses umfassend kümmert. Auch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung beschränkt auf den digitalen Nachlass ist möglich. Falls eine Vorsorgevollmacht besteht (s. unter b)), ist idealerweise der/ die Vorsorgebevollmächtigte als Verwalter/Testamentsvollstrecker des digitalen Nachlasses zu benennen. Durch praktische Vorsorge (s. unter c)), ist sicherzustellen, dass diese Vertrauensperson tatsächlichen Zugriff auf alle Onlineaccounts erhält.

b) Vollmacht

Für den Fall der eigenen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit empfiehlt es sich für jedermann, eine im Außenverhältnis umfassende und notariell beurkundete Vorsorgevollmacht zu erstellen, in der eine oder mehrere Personen benannt werden, die für einen Handeln können, wenn man selber hierzu nicht in der Lage ist. Idealerweise wird die Vorsorgevollmacht transmortal ausgestaltet, um auch im Erbfall eine umfassende Handlungsfähigkeit des Nachlasses sicherzustellen. Der Umgang mit dem Digitalen Vermögen ist in der Vorsorgevollmacht für den Fall der eigenen Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit vorausschauend mitzuregeln. 

c) Praktische Vorsorgemaßnahmen

Von entscheidender Bedeutung ist, dass der Erblasser die Möglichkeit schafft, dass Erben und Bevollmächtigte auf seine E-Mailaccounts zugreifen können. Die E-Mailaccounts geben durch Registrierungsbestätigungen und sonstige Korrespondenz Aufschluss über die digitalen Aktivitäten des Erblassers und ermöglichen die Rücksetzung von Passwörtern bei den Dienstanbietern. Vorzugsweise sollte nur eines oder wenige Master-E-Mail-Konten bestehen. Deutsche Anbieter, die dem deutschen Recht unterliegen, sind nachdrücklich zu empfehlen, schon mit Blick auf die rechtliche Durchsetzbarkeit von Ansprüchen.
Keinesfalls sollten Zugangsdaten zu Onlinediensten unmittelbar im Testament oder in einer Vorsorgevollmacht genannt werden. Es besteht die Gefahr, dass die Informationen unbefugten Personen bekannt werden (z.B. im Rahmen einer Testamentseröffnung). Es empfiehlt sich, die Zugangsdaten an einem geschützten Ort zu hinterlegen und die Erben bzw. die im Testament oder der Vorsorgevollmacht benannte Vertrauensperson in Kenntnis zu setzen, wie Zugang hierzu erlangt werden kann. In der Praxis hat sich bewährt, dass der Erblasser eine schriftliche Übersicht über seine
sämtlichen Accounts erstellt und zu diesen seine Zugangsdaten (Benutzername, Passwort) notiert, ggf. – soweit erforderlich – ergänzt um etwaige Geheimfragen mit hinterlegten Antworten und Informationen zu verwendeten Zwei-Faktor-Authetifizierungsmitteln. Möglich ist auch die Verwendung digitaler Passwort-Manager-Dienste oder das speichern einer Account-Liste auf einem USB-Stick oder DVD. Auch heute gilt aber der Grundsatz „Papier ist geduldig“. Eine ausgedruckte und im heimischen Tresor oder ggf. einem Bankschließfach hinterlegte Liste ist häufig langlebiger als ein
hinterlegter USB-Stick oder eine DVD (sichere Lesbarkeit idR max. 10 Jahre). Datenträger bedürfen zudem idR eines weiteren technischen Geräts, um hierauf zuzugreifen. In Notsituationen sind handschriftliche Änderungen bei Schriftstücken oft schneller und unkomplizierter möglich. In jedem Fall ist der Erblasser gehalten, die Liste regelmäßig zu aktualisieren, soweit Onlineaccounts hinzukommen oder Zugangsdaten geändert werden.
Erblasser haben auch die Möglichkeit, bestimmte Daten als Zero-Knowledge-Daten zu erstellen und mit ihrem Ableben für immer verschwinden zu lassen. Erforderlich ist, die Daten qualitativ hochwertig zu verschlüsseln und mit einem Passwort zu sichern. Nimmt der Erblasser das Passwort „mit ins Grab“, können die Daten i.d.R. nicht wieder hergestellt werden.

5. Fazit

Das digitale Leben und das Leben in der realen Welt verschmelzen zunehmend. Einen Erblasser ohne digitalen Fußabdruck gibt es praktisch nicht mehr. So wie auf den realen, physischen Nachlass benötigen die Erben daher auch Zugriff auf den digitalen Nachlass des Erblassers. Fehlt den Erben der Zugang zum digitalen Vermögen des Erblassers, gehen wertvolle Daten, Erinnerungen und wirtschaftliche Werte verloren.
Für das analoge und das digitale Vermögen gilt gleichermaßen, dass eine frühzeitige und umsichtige Nachfolgeplanung zum Vermögensschutz essenziell ist. Nur so kann der Wille des Erblassers umfassend umgesetzt und den zurückbleibenden Erben das Leben erleichtert werden.

 

 

Ihr Ansprechpartner:

Dr. Benjamin Zapf

Dr. Benjamin Zapf

  • Rechtsanwalt
  • Steuerberater