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Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen im Steuerstrafverfahren: Kein genereller Anspruch auf Herausgabe oder Kopien –

Anspruch auf Herausgabe/Erstellung von Kopien unter bestimmten Voraussetzungen (LG Nürnberg-Fürth Beschl. v. 01.08.2024, 18 Qs 14/24)

Ein Beitrag zur praktischen Ausgestaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im strafprozessualen Ermittlungsverfahren

1. Einleitung

In steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren kommt der Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen regelmäßig erhebliche Bedeutung zu. Im Spannungsfeld zwischen effektiver Strafverfolgung und Wahrung berechtigter Interessen des Beschuldigten stellt sich die Frage, inwieweit eine Herausgabe der Originalunterlagen bzw. die Möglichkeit zur Anfertigung oder Erhalt von Kopien zu gewährleisten ist. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat sich in seinem Beschluss vom 1. August 2024 (18 Qs 14/24) mit der Reichweite der Herausgabepflicht und der Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in diesem Kontext auseinandergesetzt.

Die Entscheidung konkretisiert die Anforderungen an die Ermittlungsbehörden im Umgang mit beschlagnahmten Geschäftsunterlagen und grenzt das Spannungsfeld zwischen Sicherungsinteresse des Staates und funktionalem Interesse des Beschuldigten näher ab.

 

2. Sachverhalt und Entscheidungskernaussage

Im zugrunde liegenden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO war es zur Beschlagnahme originärer Geschäftsunterlagen gekommen. Der Beschuldigte begehrte teilweise deren Herausgabe oder hilfsweise die Anfertigung und Aushändigung von Kopien.

Das LG Nürnberg-Fürth entschied, dass keine generelle Verpflichtung der Ermittlungsbehörden besteht, beschlagnahmte Originalunterlagen nach Anfertigung von Kopien herauszugeben. Ebenso wenig bestehe ein allgemeiner Anspruch auf Herausgabe von Kopien sämtlicher Unterlagen. Eine solche Verpflichtung ergebe sich allein dann, wenn der Betroffene einen konkret nachvollziehbaren und dringenden Zweck darlegen könne – etwa zur Erstellung eines Jahresabschlusses oder zur Erfüllung steuerlicher Erklärungspflichten.

 

3. Dogmatische Einordnung der Entscheidung

3.1 Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen – Rechtsgrundlagen und Maßstab

Die Beschlagnahme richtet sich nach §§ 94 ff. StPO und ist bei Anfangsverdacht auf eine Steuerstraftat zulässig. Geschäftsunterlagen unterliegen dabei grundsätzlich keiner Beschlagnahmefreiheit. Allerdings ist die Maßnahme – wie jede strafprozessuale Zwangsmaßnahme – an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ableitet.

Die Beschlagnahme ist daher nur zulässig, wenn sie zur Sicherung des Ermittlungszwecks erforderlich und geeignet ist, ein milderes Mittel – etwa die Sicherung durch Kopien – aber nicht denselben Zweck in gleichwertiger Weise erfüllen kann.

3.2 Originale vs. Kopien – Bedeutung für das Strafverfahren

Das LG führt aus, dass die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme auch dann erforderlich sein kann, wenn eine gleichwertige Beweissicherung durch Kopien oder Scans nicht gewährleistet ist. Dies sei etwa der Fall, wenn die optische Beschaffenheit, die Gesamtheit der Unterlagen oder deren formale Echtheit für die Bewertung im Strafverfahren (z. B. zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung gem. §§ 140 ff. AO) von Bedeutung sind.

Der pauschale Verweis auf digitale Kopien oder Scanverfahren reicht demnach nicht aus, um die Erforderlichkeit der Originalbeschlagnahme zu entkräften. Auch ein mögliches künftiges Bedürfnis zur Echtheitsprüfung reicht aus, um die Beschlagnahme zu rechtfertigen.

 

4. Herausgabe- und Kopieransprüche des Beschuldigten

4.1 Kein genereller Herausgabeanspruch

Das LG lehnt eine generelle Pflicht zur Rückgabe beschlagnahmter Originale nach Anfertigung von Kopien ausdrücklich ab. Die Interessen des Beschuldigten treten in diesem Fall hinter das Sicherungsinteresse der Ermittlungsbehörden zurück, sofern die Originale im Ermittlungsverfahren noch erforderlich sind.

Damit setzt sich das LG Nürnberg-Fürth bewusst von der früheren Rechtsprechung des LG München I (Beschl. v. 22.11.2002 – 14 Qs 200/02) ab, das unter Hinweis auf die unternehmerische Handlungsfähigkeit des Beschuldigten eine Herausgabe der Originalunterlagen und Selbstbehalt von Kopien unter gewissen Bedingungen befürwortete.

4.2 Anspruch auf Kopien – Darlegungspflicht des Beschuldigten

Ein Anspruch auf Kopien besteht nicht generell, sondern nur unter konkreter Darlegung eines dringenden, nachvollziehbaren Zwecks. Insbesondere muss der Beschuldigte konkret bezeichnen, welche Unterlagen benötigt werden und zu welchem gesetzlich begründeten Zweck (z. B. Erstellung von Steuererklärungen, Jahresabschluss, Fristwahrung).

In diesen Fällen ist dem Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, die Kopien entweder selbst zu fertigen oder von der Ermittlungsbehörde gegen Erstattung der Kosten anfertigen zu lassen.

Für von der Ermittlungsbehörde angefertigte Kopien fallen jedoch Auslagen nach §§ 464a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 3 Abs. 2 GKG, Nr. 9000 Anlage 1 zum GKG an. Nach Auffassung des LG darf die Ermittlungsbehörde davon nicht absehen – eine unentgeltliche Zurverfügungstellung ist ausgeschlossen.

 

5. Praxisrelevanz und Folgerungen

In der Praxis stellt sich die Frage nach der Herausgabe oder Kopierbarkeit beschlagnahmter Unterlagen häufig, da Steuerstrafverfahren oftmals lange Verfahrensdauern aufweisen und die betroffenen Unternehmer währenddessen auf die Unterlagen dringend angewiesen sind. Die Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth stellt dabei klar: Es gibt keinen Automatismus zugunsten des Beschuldigten.

Zugleich betont das Gericht die Möglichkeit, durch rechtzeitigen, gut begründeten Antrag den Zugang zu notwendigen Unterlagen sicherzustellen. Dies setzt allerdings voraus, dass das Informationsinteresse des Beschuldigten konkretisiert und nachgewiesen wird.

Erfahrungen haben gezeigt, dass Betroffene entweder tatsächlich nicht in der Lage waren oder es auch als Vorwand nutzten, aufgrund beschlagnahmter Unterlagen ihren laufenden steuerlichen Verpflichtungen nicht nachzukommen oder diese nachzuholen. Die Beschlagnahme der Unterlagen entbindet den Steuerpflichtigen jedoch nicht von seinen steuerlichen Verpflichtungen nach der Abgabenordnung (AO) oder den Einzelsteuergesetzen.  Ein etwaiger Rückgriff auf die behauptete Unerfüllbarkeit steuerlicher Pflichten infolge der Beschlagnahme bleibt jedoch unbeachtlich, erst Recht, wenn der Beschuldigte keine konkreten Maßnahmen zur Wiedererlangung der Unterlagen ergriffen hat.

 

Fazit:

Die Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth konkretisiert die Anforderungen an die Herausgabe bzw. Kopierbarkeit beschlagnahmter Geschäftsunterlagen im Rahmen steuerstrafrechtlicher Ermittlungen. Sie unterstreicht die hohen Hürden für einen Herausgabeanspruch, wahrt zugleich aber die Möglichkeit, im Einzelfall einen Zugang zu relevanten Unterlagen zu erhalten – unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

Für die Verteidigung in Steuerstrafverfahren ergibt sich daraus die Notwendigkeit, frühzeitig substantiiert und nachvollziehbar ein berechtigtes Interesse am Zugang zu bestimmten Beweismitteln geltend zu machen – andernfalls bleibt der Zugriff auf beschlagnahmte Unterlagen temporär versperrt.

Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Tel. 0931 35939-0 oder über unser Kontaktformular.

Ihr Ansprechpartner:

Katharina Kagias

Katharina Kagias

  • Rechtsanwältin
  • Fachanwältin für Familienrecht