Zu unrecht: Werbeverbot für medizinisches Cannabis
Einschlägigen Medienberichten ist zu entnehmen, dass das Landgericht Hamburg gegen eine Internetplattform aus Hamburg sowie gegen den Unternehmensinhaber Dr. Can Ansay eine einstweilige Verfügung erlassen hat, um die Bewerbung von telemedizinischen Behandlungen im Rahmen von ärztlichen Verschreibungen für medizinisches Cannabis sofort zu untersagen.
Antragsteller war die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR). Diese überzeugte die Richter am Landgericht Hamburg von ihrer Rechtsauffassung, die dem Gericht – anscheinend, ohne dass anderes im Verfahren vorgetragen bzw. thematisiert wurde – folgte. Bereits ohne die Entscheidungsgründe des entsprechenden Urteils zu kennen, stellen sich im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung rechtliche Bedenken, die zu überprüfen sich rentieren sollte.
Es ist bereits fraglich und nach dem Dafürhalten des Verfassers nicht der Fall, dass die AKNR als Antragsteller im konkreten Fall überhaupt aktivlegitimiert ist und eine entsprechende Prozessführungsbefugnis hat. Voraussetzung der Anspruchsbefugnis wäre, dass die Apothekerkammer ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Mitgliedern des Verfügungsklägers einerseits und der/den Verfügungsbeklagten anderseits aufweist und dies auch nachweisen kann. Vorliegend dürfte die Apothekerkammer jedoch allenfalls die Klärung einer allgemeinen (grundsätzlichen) Rechtsfrage zur Beantwortung an das Gericht gestellt haben, was jedoch nicht ausreichend und auch nicht Aufgabe des Gerichts ist. Zudem ist nicht ersichtlich, worin ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Apothekerkammer bzw. deren Mitgliedern und der angegriffenen Internetplattform bzw. deren Inhaber liegen sollte. Diese Frage ist derzeit in einem Fall der Kanzlei Cornea-Franz zur Klärung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main anhängig.
Weiter ist die Frage nicht geklärt, ob § 10 HWG dann anwendbar ist, wenn die Entscheidung, Arzneimittel zu verschreiben ausschließlich Ärzten obliegt. In diesem Fall, der hier vorliegt, dürfte es sich schon nicht um Werbung iSd § 10 HWG handeln. Das HWG wäre somit gar nicht anwendbar. Auch diese Frage wurde in einem Verfahren der Kanzlei Cornea-Franz vom OLG Frankfurt am Main thematisiert und in einem Urteil die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen; zudem wurde aufgrund der Vollharmonisierung der Arzneimittelwerbung im Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/83/EG vom OLG Frankfurt am Main angeregt, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorzulegen.
Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg dürfte einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.
Sie haben Fragen zu diesem Thema? Unser Fachanwalt für Medizinrecht, Dr. Rupert Weinzier steht Ihnen gerne zur Verfügung.